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Polens neues Windkraftgesetz 2025 – Durchbruch für die Onshore-Windenergie?

Polens Windkraftgesetz 2025 (Novelle) Windrad hinter einem Haus im Nebel

1. Die Ausgangslage: Erneuerbare in Polen zwischen Fortschritt und Blockaden

Polens Windkraftgesetz 2025 könnte endlich den Durchbruch für die Windenergie Onshore bringen. Jahrzehntelang blieb der Ausbau erneuerbarer Energien – insbesondere der Windkraft an Land – in Polen hinter den Erwartungen zurück.

Polen war und ist weiterhin stark von Kohle abhängig: 2024 stammen lt. dem polnischen Netzbetreiber PSE (Polskie Sieci Elektroenergetyczne) rund 63 % des Stroms aus Kohle: ca. 22 % aus Braunkohle, ca. 41 % der Steinkohle sowie ca. 10 % aus Erdgas. Erneuerbare Energien machen etwa 27 % des Energiemixes aus, davon entfallen 25,2 % auf Wind und Photovoltaik sowie 1,8 % auf Wasserkraft.

Trotz des ambitionierten Ziels der polnischen Regierung, bis 2040 rund 75 % des Stroms CO₂-frei zu erzeugen, stagniert der Ausbau der Erneuerbaren. Ein wesentlicher Grund war das von der PiS-Regierung 2016 eingeführte „10H“-Gesetz, das Windkraftanlagen nur dann erlaubte, wenn sie den zehnfachen Abstand ihrer Bauhöhe zu Wohngebieten einhielten. Diese Regelung verhinderte effektiv neue Windprojekte in weiten Teilen des Landes. 2023 wurde der Mindestabstand auf 700 Meter reduziert, doch dies reichte nicht aus, um den Ausbau signifikant zu beschleunigen.

Mit der aktuellen Nnovelle des Windkraftgesetzes, der sogenannten „Ustawa wiatrakowa“, wird nun ein neuer Anlauf unternommen. Ziel ist es, den Onshore-Windenergiemarkt zu liberalisieren, Investitionen zu erleichtern, internationale Kapitalgeber anzuziehen und die Energiewende zu beschleunigen. Doch politische Unsicherheiten und mangelnde Bürgeraufklärung bleiben zentrale Herausforderungen.

2. Politische und gesellschaftliche Widerstände. Die politischen Blockaden sind vielschichtig:

Viele Projekte sind in Polen politisch motiviert. Große Versprechungen, starke Losungen, falsch verstandener Patriotismus – das alles lässt zahlreiche Projekte untergehen, noch bevor sie weitergedacht werden können.

  • Rechtskonservativen Parteien wie PiSund Konfederacja lehnen den massiven Ausbau von Windkraft ab, oft unter dem Vorwand des Landschaftsschutzes und der Wahrung kommunaler Souveränität. Zu ihren Wählern gehören insbesondere Bergbauleute, die immense staatliche Subventionen erhalten und die „kleinen“ Leute in ländlich geprägten Regionen.
  • Trotz einer breiten Unterstützung der Bevölkerung von rund 85 % für Windkraft, formieren sich lokal häufig NMBY-Initiativen (Not In My Backyard).
  • Die katholische Kirche hält traditionell Einfluss auf ländliche Regionen – ihr Standpunkt zur neuen Gesetzesnovelle ist bislang zurückhaltend, jedoch potenziell relevant.
  • Schwache Bildungs- und Kommunikationsstrukturen führen dazu, dass technisches Wissen über Erneuerbare, insbesondere PV und Windkraft, oft unzureichend ist. Das führte in der Vergangenheit zu mangelhaften Installationen, insbesondere bei Photovoltaik.
  • Kurzfristiger Fokus auf finanzielle Vorteile – Pacht für Windflächen oder sonstige Vergütungen sind treibende Faktoren. Leider fehlen solide Wissensgrundlagen über langfristige ökologische und ökonomische Wirkungserfordernisse.
  • Manipulationsanfälligkeit und Einfluss rechter Parteien: Die Bevölkerung beeinflusst sich stark über subjektive Narrative lokaler Akteure – besonders PiS und Konfederacja instrumentalisieren Angst vor Umweltfolgen, ohne faktenbasierte Argumente. Rechte Parteien bauen ihre Identität auf der Ablehnung von Klimaschutzbemühungen und schüren negative Stimmung weiter.
  • Populistische Narrative werden von rechten Parteien gezielt gestreut. So wurde etwa der Entwurf des neuen Windgesetzes Anfang 2024 durch PiS und Konfederacja mit der Verschwörungstheorie diffamiert, die Novelle diene lediglich der Rettung des finanziell angeschlagenen Siemens-Konzerns. Dabei wurde die Siemens AG fälschlich mit Siemens Energy gleichgesetzt und in nationalistischen Kreisen sogar mit Verweis auf die NS-Vergangenheit des Unternehmens diskreditiert.
  • Deutsche Investoren sehen sich in PiS-dominierten Regionen oft Vorbehalten gegenüber. Ein Beispiel ist der Rückzug von Lidl aus einem geplanten Logistikprojekt in Gietrzwałd aufgrund massiver lokaler Proteste.

3. Die „Ustawa wiatrakowa“ (Windkraftgesetz 2025) im Fokus: die wichtigsten Änderungen gegenüber früheren Versionen:

ÄnderungspunktBisherige RegelungNeu (Gesetzentwurf)
Mindestabstand10× Höhe (10H) bzw. 700 m (10-fache Turbinenhöhe als Mindestabstand zu Wohngebäuden)Einheitlich 500 m zur Wohnbebauung
RepoweringKomplett neue Genehmigung nötigDefinierte Modernisierung mit vereinfachten Verfahren 
PlanungsverfahrenLokaler Raumentwicklungsplan zwingendNeue Wege über Investitionspläne oder Gemeinderatsbeschluss 
Umweltabstände10H zu Natura-2000 & Nationalparks500 m zu Natura-2000, 1500 m zu Nationalparks
AnwohnerfondsKeine Pflichtzahlungen20.000 PLN/MW jährlich 
BürgerbeteiligungKaum vorhanden10 % der Leistung für lokale Prosumenten
Lokale WertschöpfunggeringSteuereinnahmen und Beteiligung für Gemeinden
Weitere EE‑FörderungFokus nur auf WindGleichstellung von Biomethan, PV, Wasser in Fördermechanismen.

4. Chancen für ausländische (deutsche) Investoren:

  • Marktzugang: Die Reduktion des Mindestabstands auf 500 Meter ermöglicht den Zugang zu deutlich mehr Standorten und Projekten. Experten erwarten bis 2030 bis zu 10 GW neue Onshore-Windkapazität. Das wären insgesamt 18 GW Onshore plus 6 GW Offshore zusammen. Sollte das neue Gesetz nicht verabschiedet werden, geht man davon aus, dass es lediglich 3-4 GW Onshore geben wird.
  • Administrative Vereinfachung: Vereinfachte Verfahren und Repowering ohne neue Umweltgutachten erleichtern Investitionen. Das neue Gesetz soll lediglich einen allgemeinen Rechtsrahmen für neue Windparkanlagen und die Modernisierung von alten bieten. In der Praxis sollen jedoch die lokalen Behörden und Gemeinden über deren Nutzung entscheiden.
  • Verbesserte Akzeptanz: Anwohnerfonds und Transparenzpflicht stärken Vertrauen. Die Bürgerbeteiligung soll zu einer höheren Akzeptanz von Onshore-Windparks in bestimmten Gebieten und Kommunen beitragen und könnte Konflikte vor Ort reduzieren. Dazu zählt auch die Möglichkeit, günstigeren Strom zu beziehen und für die Gemeinden höhere Steuereinnahmen zu erzielen.
  • Regionale Synergien Schnittstellen mit heimischer Industrie: Potenzial für Kooperation mit Firmen im Bereich Ingenieur‑ und Beratungsleistungen. Die polnische Regierung will, dass insbesondere lokale Firmen aus dem Maschinenbau am Bau von Windkraftanlagen beteiligt werden. Deutsche Firmen könnten sich z.B. als Zulieferer von Komponenten beteiligen. Deutsche Investoren bringen zudem Know-how, Technologie und Finanzierungskraft mit, die in Polen sehr gefragt sind.
  • Kommunale Planungshoheit und (politische) Unsicherheit: Gemeinden können mittels eines Flächennutzungsplanes auf Gemeindeebene (örtlicher Bebauungsplan) strengere Abstände anordnen – lokale Politik bleibt daher entscheidend. Nicht unwichtig: Gemeindevertreter sind oft wenig informiert, beeinflusst durch Parlamente/ populistische Narrative. Rechtsparteien können Blockaden oder Korrekturen anregen – kurze Legislaturzyklen erschweren langfristige Planung. Mit einem Wort: Die stärkere Einbindung der Gemeinden kann zu Verzögerungen führen, erfordert aber auch gezielte Kommunikation und Partnerschaft. Laufende Gesetzesanpassungen und politische Diskussionen können Investitionsentscheidungen erschweren.
  • Naturschutz und Militär: In Schutzgebieten und in der Nähe militärischer Infrastruktur gelten weiterhin strenge Auflagen.
  • Öffentliche Akzeptanz: Trotz überwiegender Zustimmung sind Anwohner‑Initiativen potenzielle Blockaderisiken.
  • Wettbewerb um Flächen: Der erleichterte Zugang wird viele neue Marktteilnehmer anziehen – ein professioneller Standort- und Risikomanagement wird unerlässlich bleiben.
  • Kirchlicher Einfluss: In manchen Regionen kann die Kirche Meinungen beeinflussen – frühe Einbindung gefragt.

6. Empfehlungen für ausländische (deutsche) Investoren:

  • Früher und enger Dialog mit Gemeinden und lokalen Gremien, um Standortblockaden zu vermeiden. Hier gilt aber auch:
  • Aufklärung zuerst – Investoren sollten lokale Führungspersonen und Bevölkerung frühzeitig in verständlicher Sprache über technische, finanzielle und ökologische Vorteile informieren. Beteiligungsmöglichkeiten für Anwohner kommunizieren.
  • Transparente Kommunikation – Eigene Informationskampagnen (z. B. Projekte, Daten, Sicherheit) statt allein Verlass auf polnische Partner. Lokale Partner und Mitarbeiter basieren oft auf ihrer eigenen Mentalität. Sie müssen zwar eingebunden werden, es bedarf jedoch einer Vertrauensperson, die beide Mentalitäten im Fokus hat.
  • Qualitätssicherung – nur zertifizierte Komponenten und Technik verwenden, Feuer- und technische sowie sonstige Anforderungen einhalten.
  • Politisches Risikomanagement – Zusammenarbeit mit etablierten polnischen Partnern, Lobbyarbeit, offene Beteiligung. Die Gesetzeslage kann sich weiterentwickeln (auch durch Regierungswechsel) – Investoren sollten daher auch auf Anpassungen vorbereitet sein.
  • Sorgfältige Standortanalyse: Neben rechtlichen Vorgaben sind Umwelt- und Sicherheitsaspekte zu prüfen. Im Vorfeld sollte auch die gesellschaftliche Akzeptanz ausländischer Investoren geprüft werden.
  • Einsatz von Repowering-Strategien (modernisieren statt neu bauen) eventuell als schneller Einstieg möglich – vorab prüfen.

🎯 Fazit

Polens Windkraftgesetz 2025 (Gesetzesnovelle zur Windkraft Onshore) bietet neue Chancen für Investoren.  Doch potenzielle Investoren müssen aktiv in Bildung, transparente Information und partnerschaftlichen Dialog investieren. Vor allem im Umgang mit Gemeinden, Bevölkerung und politischen Widerständen ist proaktive Aufklärung entscheidend für den Erfolg.

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(Stand: 13.07.2025)