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Drum prüfe, wer sich wirtschaftlich (auch im Ausland) bindet!

Eine große international tätige Firma veröffentlichte einen TV-Spot zu Weihnachten in mehreren Ländern, in dem sie nicht von Weihnachten oder Christi Geburt spricht, sondern von „besonderen Tagen“. In Deutschland würde man vermutlich gar nicht darauf eingehen, in einem anderen Land aber, in dem ein besonderes Augenmerk auf Traditionen gelegt wird, war die Entrüstung der Öffentlichkeit groß, es wurde sogar zum Boykott gegen diese Firma aufgerufen.

Zum Business gehört vor allem die Aufmerksamkeit auf kulturelle Unterschiede. Beachtet man diese nicht, so können Geschäftsverhandlungen von Partnern aus anderen Kulturkreisen einfach unwiederbringlich unterbrochen werden. In der Welt der Sozialen Medien und des Internets wird es für Unternehmen jeglicher Couleurs zunehmend schwieriger, nicht in ein (kulturelles) Fettnäpfchen zu treten. Konzerne und Großfirmen möchten oft eine einheitliche Werbekampagne oder Marketingaktionen in vielen Ländern durchführen, hier muss besonders aufgepasst werden, denn nicht selten können religiöse und patriotische Gefühle der jeweiligen Konsumenten verletzt werden.

Verantwortliche für PR und Kommunikation, SM etc. stehen deshalb nicht selten unter Druck, den Ruf des Unternehmens zu verteidigen. Manche bedienen sich spezieller Software, die Erwähnungen ihrer Firma in der globalen Welt fast sofort herausfiltert. Zusammen mit #20blu haben wir an Projekten für deutsche Firmen gearbeitet, in denen ein Vorab-Check in verschiedenen europäischen Ländern durchgeführt werden musste. Es handelte sich dabei um erste Schritte für (nicht nur) Werbekampagnen in bestimmten Ländern.

So kann nicht selten Shitstorm und Verlust des Ansehens verhindert werden.

In meiner beruflichen Praxis beobachte ich oft bei (auch deutschen) Firmen, dass sie davon ausgehen, dass ihre Standards global gelten, auch in ihren ausländischen Vertretungen. Dies gilt für Geschäftsführer, Manager und Mitarbeiter ihrer Niederlassungen. Sie bedenken dabei nicht, dass diese Mitarbeitenden einer anderen Kultur angehören (ja – auch innerhalb der EU!) und die gleichen Standards nicht immer genauso verstanden, ja sogar anders interpretiert werden.

In den letzten Wochen und Monaten macht Polen viel von sich reden. Die letzten 8 Jahre der rechtspopulistischen PiS-Regierung haben auf allen Ebenen tiefe Spuren hinterlassen, die Gesellschaft ist entzweit und die neue Regierung ist mit dem „Aufräumen“ beschäftigt und wird es m. E. noch sehr lange bleiben. Eine der ersten „Aufräumarbeiten“ war die Absetzung der staatlichen Medien, die von den Populisten bis heute vehement verteidigt werden. Das Propagandafernsehen übte sich in Hetze und Hass gegen demokratische Werte, die EU, Migranten und den Westen. Die hochbezahlten ehemaligen Mitarbeitenden fanden schnell eine neue Bleibe – in TV Republika, deren Zuschauerzahlen seit Anfang Dezember 2023 in die Höhe geschnallt sind. Der Sender war schon immer rechtsradikal, aber jetzt häufen sich dort Aussagen von Politikern, vor allem gegen Migranten, die so nicht mehr akzeptiert werden können.

So äußerten sich dort unlängst Politiker, dass Polen jetzt zum Müllcontainer wird, nachdem Deutschland die illegalen Migranten ausgesiebt hat und diese nach Polen schickt. Oder dass man für die Migranten sehr viele von Deutschen gebauten Baracken (ehemalige KZ-Lager) zur Verfügung hat. Man soll die illegalen Migranten chippen wie man es bei Hunden macht, oder noch besser (weil billiger) – eine Nummer tätowieren, damit sie erkannt werden.

Ich lasse das jetzt ohne Kommentar.

Was hat das jetzt mit meinen Eingangsworten zu tun?

Nun, große, vor allem ausländische Firmen, machen in Polen Werbung für ihre Produkte und Dienstleistungen. In der Regel überlassen sie diese Aufgaben speziellen (auch ausländischen) Agenturen, die für ihre Kunden Werbepakete für mehrere Sender erwerben. So wurde in TV Republika Werbung für IKEA, mBank (die Commerzbank besitzt hier fast 70 % der Anteile), aber auch Mastercard und viele andere Firmen geschaltet. IKEA wurde erst durch eine Internetnutzerin und deren Kommentar darauf aufmerksam, dass sie im besagten Medium Werbung schaltet und zog erst jetzt die Konsequenzen. Auch andere Werbenden ziehen sich zurück. Doch der Shitstorm ist im vollen Gange.

Leider wurden bis jetzt solche wie die o.g. Situation in den AGBs der die Werbepakete verkaufenden Medienfirma Polsat Media, gar nicht vorgesehen (weil bis dato im Land unbekannt), deshalb müssen die Werbenden, die sich zurückgezogen haben, noch zusätzliche Strafen bezahlen. Ein Absurdum.

Nun ist Polen jetzt kein Land, das global im Mittelpunkt steht. Aber die Grenzen der Länder verschwinden durch Internet und Social Media, der Ruf der Unternehmen wird beschädigt, und im Hinblick auf die EU-Gesetzgebung sowie das deutsche LkSG stehen plötzlich Fragen zur Diskriminierung, christlichen Werten, Menschenrechtsverletzungen u.a. im Rampenlicht.

Solche und ähnliche Geschichten gibt es momentan zuhauf, auch in Europa, auch in der EU. Deutsche Unternehmen sind gut beraten, wenn sie nicht nur ihr Business im Ausland im Blick haben, sondern auch ihre Führungskräfte und Mitarbeitenden in ihren Niederlassungen sensibilisieren. Dafür müssen sie jedoch die kulturellen Unterschiede und Gegebenheiten vor Ort im Blick behalten. Gerade in Ländern, in denen demokratische Werte und Überzeugen laut mit Füssen getreten werden.